Zu Neujahr

Zwischen Weihnachten und dem heutigen Silvestertag ist nicht viel passiert. Wir haben viel gelesen, viel gesportelt und uns einige interessante Dokumentarfilme angeschaut. Ich habe meinen neuen Kalender für 2020 ausgepackt, den 2019-Kalender durchgeblättert und das Jahr nochmal ein wenig Revue passieren lassen. Es war ein sehr spannendes Jahr, da Herr R. dieses Jahr komplett zu Hause verbracht hat – was ja die letzten 3 Jahre absolut undenkbar gewesen wäre. Wir konnten viel reisen und Zeit mit Freunden verbringen, die wir schon viele Jahre nicht mehr gesehen haben. Privat ein absolut tolles Jahr. Eigentlich wollte ich hier noch einen etwas längeren Beitrag über unser Engagement in verschiedenen örtlichen Organisationen, sowie mein persönliches Wort des Jahres 2019 schreiben (nachdem der SPIEGEL das erste „Wort des Jahres“ im abgelaufenen Jahrzehnt als „Wutbürger“ betitelte. Den ganzen Artikel könnt Ihr hier lesen). Aber das wurde dann doch etwas düster. Also habe ich es gelöscht, denn so pessimistisch und wütend will ich das Jahr eigentlich nicht beenden. Zudem wird 2020 wird viel(e) Gelegenheit(en) bieten, ausführlich über diese Dinge zu schreiben.

Aus diesem Grunde halte ich es dann an dieser Stelle einfach mit den Worten Wilhelm Buschs (die mir eine gute Freundin dieses Jahr zu Weihnachten zukommen ließ):

Zu Neujahr
Will das Glück nach seinem Sinn
Dir was Gutes schenken,
Sage Dank und nimm es hin
Ohne viel Bedenken.

Jede Gabe sei begrüßt,
Doch vor allen Dingen:
Das, worum du dich bemühst,
Möge dir gelingen.

Der Oktopus

Nachdem ich das Buch „Rendezvous mit einem Oktopus: Extrem schlau und unglaublich empfindsam. Das erstaunliche Seelenleben der Kraken“ von Sy Montgomery gelesen habe, ist meine Faszination für das Leben unter Wasser noch gestiegen. Hast du gewusst, das Oktopoden (neben den acht Armen) drei Herzen haben? Sie können ihre Farbe 77-mal in der Stunde ändern. Sie schmecken über die Saugnäpfe ihrer Arme. Das Gehirn erstreckt sich vom Kopf über alle Extremitäten hinweg. Oktopoden sind einfach unglaubliche Lebewesen! Sy Montgomerys Buch hat mir diese schlauen, empfindsamen und höchst komplexen Cephalpoden auf höchst unterhaltsame Weise näher gebracht.

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Hand in Hand mit dieser Lektüre lief mir das Buch „Crocheted Sea Creatures“ von Vanessa Mooncie in der Bibliothek über den Weg. Und da gibt es doch tatsächlich ein Häkelmuster für einen Oktopus. Wolle geschnappt, Häkelnadel ausgepackt und los gings. Ich bin mir nicht sicher, ob ich dieses Projekt wirklich in Angriff genommen hätte, wenn ich vorher gewusst hätte, wie material- und zeitintensiv es wird. Aber die durch das oben genannte Buch ausgelöste Faszination war eine gute Motivation, die mich zum Weitermachen animierte. Und hier nun das Endergebnis:

Klimastreik in Bellingham

– WHAT DO WE WANT?
– CLIMATE JUSTICE!
– WHEN DO WE WANT IT?
– NOW!

Wie gut habe ich die Sprechchöre der „Fridays for Future“-Demos noch im Gedächtnis! Leider fiel hier die Teilnahme am weltweiten Klimastreik am 29. November aufgrund Thanksgiving ins Wasser. Nun ja – zumindest fand der Streik eine Woche später statt. Kudos an die 5 Jugendlichen in Bellingham, die diese Demo vorbereitet und organisiert haben. So gross wie in München oder Berlin war die Teilnehmerzahl leider nicht. An die 500 Menschen gingen in Bellingham am 06. Dezember zusammen fürs Klima auf die Straße. Schön zu sehen, dass auch hier alle Altersgruppen vertreten waren. Jung und Alt zusammen gegen das Planetensterben.

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Demokratie ist kein Zuschauersport!

Dennoch müssen wir mehr tun, als auf die Strasse zu gehen. In Bellingham hat die „Climate Action Task Force“ (bestehend aus Experten aus verschiedenen Bereichen wie öffentlicher Nahverkehr, Energieversorgung (mit den Stadtwerken zu vergleichen), erneuerbare Energien, aus der Baubranche etc.) nach 16-monatiger Arbeit unserem Stadtrat nun einen umfassenden Bericht vorgelegt, in dem detailliert (und gut verständlich) dargestellt wird, welche Maßnahmen die Stadt ergreifen muss, um Bellingham bis 2035 kohlendioxid frei zu machen, d.h. aus Kohle und Gas gewonnene Energie sollen abgeschafft und durch erneuerbare Energien ersetzt werden. Das war eine spannende und sehr informative Stadtratssitzung. Der Stadtrat war all diesen Vorschlägen auch durchaus zugetan. Nur leider kommen die Sesselpupser mal wieder nicht aus dem Knick und die bürokratischen Mühlen mahlen zu langsam. Nun wird diskutiert, gerechnet und bis die Richtlinien erstmal von den lustigen Juristen formuliert und anschließend in Stein gehauen werden, wird noch viel Wasser den Skagit River runter fließen. Sehr schön fand ich in diesem Zusammenhang, wie viele Jugendliche bei dieser öffentlichen Sitzung nach der verhaltenen Diskussion des Stadtrats ans Rednerpult traten und eindringlich um eine zeitnahe Verwirklichung der vorgeschlagenen Maßnahmen der „Action Task Force“ baten. Ich bin mir sicher: könnten die Jugendlichen jetzt wählen, so würden es nicht so lange dauern, bis diese Vorschläge in die Praxis umgesetzt würden.

Climate Action Task Force Final Report Presentation, Dec 09, 2019

Auch wenn ich eher pessimistisch bin, dass wir den nachfolgenden Generationen einen noch bewohnbaren Planeten hinterlassen werden, so werden wir nicht aufgeben und weiter demonstrieren, Treffen verschiedener Umweltgruppen besuchen (RE Sources for Sustainable Communities und Al Gore’s Climate Reality Project), an Beach Cleanups teilnehmen und den an der Küste angespülten Müll (und tote Tiere) aufsammeln sowie im eigenen Haus für ein nachhaltiges und plastikfreies Umfeld sorgen. Letzteres könnte eigentlich bald ein eigenes Blogpost werden …

Und für alle Klimawandelleugner, Nichtwähler, Nicht-Demonstrierer, Wegschauer, Kopf-in-den-Sand-Stecker und die generell Nicht-Interessierten habe ich noch etwas aus der Spotify FFF Playlist, das Euch vielleicht ein wenig aus Eurer bequemen Lethargie schleudert ….

Neuanfang …

…. nach einer dreimonatigen Europareise sind wir wieder zu Hause. Alle Eindrücke der Reise aufzuschreiben würde zu lange dauern und wäre auch eine emotionale Achterbahn, in die ich gerade nicht unbedingt einsteigen will. Es gab viele schöne Momente im Kreise der Familie, tolle Wiedersehen mit alten und neuen Freunden, hitzige Diskussionen, super Fridays for Future Demos, eine sehr schöne (Erwachsenen-) Taufe, entspannte Tage in heissen Quellen, schwierige Auseinandersetzungen, einen Todesfall, viel Zeit zum Lesen und Nachdenken und eine Zeit des digitalen Minimalismus.

Digitaler Minimalismus? Ja, genau. Deswegen herrschte hier u.a. auch so lange Funkstille … Nachdem ich das Buch “Digitaler Minimalismus” von Cal Newport gelesen und den Film “The Great Hack” auf Netflix angeschaut habe, ist mir die Lust auf facebook, Instagram, WhatsApp und eben leider auch auf das bloggen vergangen.

Der Verzicht von facebook und Instagram fällt mir nicht schwer. Im Gegenteil. Die dort oft so sinnlos vergeudete Zeit verbringe ich nun wieder mit dem Lesen von Büchern, Zeitung und ich habe auch wieder mehr Zeit für kreative Projekte. Viele Freunde sagen „Aber wenn du kaum mehr auf facebook schaust, dann siehst du ja gar nicht, wie es mir geht!“ Meine Antwort „Rufe mich doch einfach an oder schreibe mir eine SMS, Email oder einen Brief!“ Zudem sieht man auf den sozialen Netzwerken eh nicht, wie es einem wirklich geht. Oder hast du schon mal gepostet, wenn du traurig bist und oder du das Gefühl hast, dass dein Leben grad etwas aus dem Ruder läuft? Wohl kaum. Und ich habe keine „FOMO“, was für „fear of missing out“ (Angst, etwas zu verpassen) steht – das hilft, wenn man diesen (un-)sozialen Netzwerken den Rücken kehrt.

Wieso dann eine Wiederbelebung des Blogs? Das frage ich mich auch ein bisschen, denn im Grunde denke ich, dass mein/unser Leben nicht unbedingt aufregend ist. Dennoch erhielt ich in letzter Zeit Anfragen, das Blog wieder aufleben zu lassen, da es einigen von Euch wohl doch Freude macht zu sehen, was wir hier so anstellen – und sei es noch so banal. Das freut mich natürlich. Und ich bin gerne bereit, es nochmal mit dem bloggen zu versuchen …

Und natürlich freue ich mich weiterhin über Eure Anrufe, Emails, SMS und Karten/Briefe.