Bei uns im Garten tut sich was. Nachts hören wir nicht nur die Eulen rufen, sondern es ab und zu auch in den Rhododendren rascheln. Aber schaut selbst, wer uns da besucht hat:
Nächtlicher Waschbären-Besuch
Zum Glück ist dieser Waschbär nur auf der Durchreise und nicht in der Nähe eingezogen. Waschbären wohnen gerne mit der ganzen Großfamilie zusammen und können wirklich Radau veranstalten und erheblichen Schaden anrichten.
Unter Tags sehen wir des öfteren die Rehe unter den Bäumen und Büschen chillen und ganz besonders goldig sind derzeit die Rehkitze, die durch den Garten spazieren und nebenbei jeden neuen zarten, grünen Trieb auffressen, den sie finden können.
Seit einigen Wochen sorgen auch die Kolibris für riesige Aufregung an den Futterstationen (die wir direkt vor dem Fenster aufgehängt haben). Video folgt.
Wie die meisten von Euch vielleicht wissen, lesen wir gerne und viel. Dennoch versuchen wir seit einigen Jahren keine neuen Bücher zu kaufen. Hauptsächlich aus dem Grund, weil wir uns nicht mehr mit Büchern „belasten“ wollen. Öfter als einmal liest man es selten. Und wir ziehen einfach viel zu oft um. In den letzten 25 Jahren sind wir im Schnitt alle drei Jahre umgezogen. Da wird einem beim Kisten packen oft bewusst, wie viele Bücher man hat, die man vielleicht liebt, aber doch nie wieder lesen wird. Versteht mich nicht falsch: ich LIEBE Bücher! Und es fiel (und fällt mir immer noch) mir sehr, sehr schwer mich von meinen Büchern zu trennen. Aber so ist es nun mal. Wenn man einen etwas nomadischen Lebensstil hat, dann ist eine umfangreiche, persönliche Bibliothek einfach nicht drin. Jedes Jahr sitze ich vor meinem inzwischen schon sehr geschrumpften Bücherregal und nehme jedes Buch in die Hand und frage mich: „Werde ich das nochmal lesen? Und wenn nicht, warum will ich es dann behalten? Welchen emotionalen Wert hat das Buch für mich?“ Kann ich diese Fragen für mich nicht zufriedenstellend beantworten, wird das Buch aussortiert – ganz nach dem Motto: „Was nicht glücklich macht, kann weg!“
Insofern ist die Bücherei inzwischen unser wichtigster „Bücher-Dealer“. Die Benutzung der Bücherei ist in den USA kostenfrei, das digitale Angebot an Büchern (d.h. ausgeliehene Bücher direkt auf den digitalen Reader laden oder mit der Bücherei-App „Libby“ lesen) und Hörbüchern ist riesig. Selbst Filme können nicht nur auf DVD ausgeliehen, sondern auch über „Kanopy“ angeschaut werden. „Kanopy“ ist eine On-Demand-Streaming-Videoplattform für öffentliche Bibliotheken und Universitäten. Pro Monat kann man 10 Filme anschauen. Und dann gibt es noch eine Unmenge an anderen digitalen, kostenfreien Angeboten, wie z.B. „Creativebug“. Hier werden Online-Workshops und Techniken für Kunsthandwerk angeboten. Es gibt Unmengen an Videos zu Themen wie Zeichnen, Stricken, Nähen, Siebdruck etc. Des Weiteren gibt es kostenlose Online-Sprachkurse und eine umfangreiche, digitale Zeitungs- und Zeitschriftenbibliothek. Sogar das deutschsprachige Angebot an Zeitschriften ist nicht zu verachten. So kann ich auch über die Bücherei in Bellingham monatlich kostenlos meine geliebte Eskapismus-Zeitschrift „Flow“ lesen 🙂
Falls man mal ein Buch ausleihen will, was die Bücherei noch nicht in ihrem Bestand hat, so kann man dieses Buch online bestellen. Die Bücherei kauft anschließend das Buch und dieses ist dann normalerweise innerhalb der nächsten 7 Tage ausleih-bereit. Monatlich darf man bis zu 20 Neubestellungen machen. Das ist doch mal ein Service.
Und auch in Corona-Zeiten begeistert der Service der hiesigen Bücherei: Seit dem 15. Juni hat die Bücherei wieder geöffnet – allerdings sehr eingeschränkt: Die Präsenzbücherei selbst (also, das Gebäude) ist für die Öffentlichkeit noch nicht zugänglich. Aber man kann online Bücher, DVDs und Audiobooks bestellen und diese werden dann nach telefonischer Terminvereinbarung vor der Bücherei zur Abholung bereitgestellt. Die Bücher, die man wieder zurückgeben will, legt man bei dieser Gelegenheit einfach in die dafür bereitgestellte Kiste. Das funktioniert alles wunderbar und reibungslos – es wird nix geklaut und die Bibliothekare winken einem beim Bücher abholen auch noch sehr lieb aus der Bücherei zu :))
Nachdem die „Stay at home“-Order ein wenig gelockert wurde, wagten wir uns letzte Woche wieder etwas mehr raus. Es ist schön zu sehen, dass die Mehrheit der Menschen hier sehr vernünftig die Maskenpflicht und die Abstandsregeln einhalten. Zudem sind auch die Geschäfte sehr konsequent: No Mask, No Entry (keine Maske, kein Zutritt).
Auch der Wochenmarkt hat seit einigen Wochen wieder seinen Betrieb aufgenommen. Vor Corona war der Markt mit musikalischer Unterhaltung, Food Trucks, Kunsthandwerk und vielen anderen Attraktionen unser samstäglicher Treffpunkt mit Freunden. Diese Zeiten sind jetzt erstmal vorbei. Die Markthalle ist leer, die Händler haben ihre Stände mit Abstand im Freien aufgebaut. Food Trucks und Musiker sind verschwunden. Schade. Und etwas traurig. Aber wir geben die Hoffnung nicht auf, dass wir den Wochenmarkt irgendwann wieder wie noch vor ein paar Jahren erleben dürfen: schaut hier.
In diesem Sinne: Maske tragen. Respekt und Verantwortungsbewusstsein zeigen, die neue, restriktive Wirklichkeit annehmen wie sie ist und trotzdem das schöne Wetter genießen! [„Don’t wear a face mask in the grocery store because the governor told you to, wear it out of respect for that young woman at the checkout counter. Wear one out of respect for the employees who keep the shelves stocked. Where would things be right now if, along with most other businesses, grocery stores were considered “non-essential” and were closed down?„]
Nach 83 Tagen Lockdown und Stay-At–Home-Order nimmt auch hier das Leben langsam wieder Fahrt auf. Ab heute dürfen die Geschäfte (wie Friseure, Schreibwarenladen etc.) wieder öffnen – wenn auch eingeschränkt. Restaurants dürfen mit 50% Kapazität den Betrieb wieder aufnehmen. Auch darf man sich ab heute mit fünf Leuten treffen, die nicht im gleichen Haushalt wohnen. Wir sehen also ein kleines Licht am Ende des Tunnels. Nichts desto trotz werden wir auch weiterhin aufmerksam sein und in regelmäßigen Abständen einen Blick auf das „Covid-19–Dashboard“ unseres Landkreises werfen.
Aber leider wird unser Alltag gerade nicht nur durch Corona geprägt. Die Unruhen nach dem Polizistenmord an George Floyd dauern an und Donald Trump agitiert auf seine ganz eigene Art. Deswegen möchte ich Euch an dieser Stelle zwei Podcasts empfehlen, die meine Gedanken und Gefühle zu diesem Thema sehr gut in Worte fassen: * In der Sonderfolge „Die rassistischen Staaten von Amerika“ des Podcasts „OK, America?“ sprechen Rieke Havertz und Klaus Brinkbäumer über die Gründe, Polizeigewalt und Rassismus als Amerikas Trauma. * Im Podcast „Das Politikteil“ (ebenfalls von der ZEIT) sprechen die Moderatoren Heinrich Wefing und Tina Hildebrandt in der Folge „Droht in den USA ein Bürgerkrieg?“ mit Kerstin Kohlenberg, US-Korrespondentin der ZEIT, die seit sechs Jahren in New York lebt und beschäftigen sich mit Fragen wie „woher kommt diese Eskalation gerade jetzt? Welche Rolle spielen Rassismus und Ungleichheit in einem Land, das seit vierhundert Jahren die Folgen der Sklaverei verdrängt? Und wie wirken sich die Unruhen auf die Wahlen im Herbst und die Politik aus?“.
Auch in unserem übersichtlichen Ort gehen die Menschen für Anti-Rassismus auf die Straße. An der Stadtbibliothek legten die Menschen zum Gedenken an George Floyd Blumen nieder und am Wochenende versammelten sich an die 5.000 Menschen downtown zu einer friedlichen Demo gegen Rassismus und Polizeigewalt.