
Ein vom „Lummi Nation House of Tears Carvers“ geschnitzter (7,5 Meter hoher) Totempfahl geht auf Reisen. Die „Red Road to DC Totem Pole Journey“ führt quer durch die USA über diverse heilige, indigene Stätten bis nach Washington DC, wo er Präsident Biden übergeben und fürs erste im Smithsonian ausgestellt wird.

Die Vertreter der „Red Road to DC Totem Pole Journey“ werden auf ihrer Reise an einigen Orten Halt machen, die für dortige Stämme und indigene Völker als heilig gelten und deren Existenz durch aktuelle oder potenzielle Ziele für Dämme, Bergbau, Bohrungen oder Ölpipelines gefährdet sind. An jedem Ort werden sich die Vertreter von Lummi Nation sowie Aktivisten mit lokalen Stämmen und Einwohnern treffen, um dafür zu plädieren, dass die örtlichen Stämme ihre Zustimmung geben müssen, bevor größere Infrastrukturprojekte genehmigt werden. Einige der Stationen sind u.a. Snake River in den Nez Perce Traditional Lands; Bears Ears National Monument in Utah; Chaco Canyon; Navajo Reservation in New Mexico; Black Hills in South Dakota; einige Stops entlang des Missouri River, inklusive Standing Rock Reservation, ND; das White Earth Indian Reservat in Minnesota und die Bay Mills Indian Community in Michigan.

Am Montag, den 24. Mai gab es eine „Blessing Ceremony“ in Bellingham. Neben der Lokalpolitik waren Künstler, Aktivisten und Stammesvertreter vor Ort. Leider spielte das Wetter nicht mit: Wir standen also im Regen, bewunderten den eindrucksvollen Totempfahl, lauschten eindringliche Reden, Segenswünschen und musikalischen Beiträgen.

Der Chef-Kunstschnitzer des „House of Tears Carvers“Jewell Praying Wolf James ist eine beeindruckende Persönlichkeit, der in seiner Rede nicht nur die auf dem Totempfahl abgebildeten Symbole erklärte, sondern auch auf die Intention des Totempfahls einging: „There have been so many participating individuals and organizations in this 2021 national totem pole journey calling for the Protection of Native American Sacred Sites. We can only pray that we meet their expectations with the finished end product. We believe in the power of the collective thought and organizational capacity of these multiple agencies. We are all coming together, like figures on a totem pole, to produce an end vision- the protection of Native American Sacred Sites. Of course, we cannot make everyone happy. We can just believe we are doing our best. No matter what, Native America has endured hundreds of years of oppression and their spiritual practices and beliefs have not been completely exterminated. They are still connected to the Earth via their Mother Earth Spirituality. Sacred Sites are extremely essential to native belief systems.“
Jewell James sagte, dass die Schnitzer des „House of Tears“ einen sogenannten „Story Pole“ schufen. Dieser Totempfahl erzählt also durch seine Symbole eine Geschichte. Er zeigt einen Mond, einen Tauchadler, zwei Chinook-Lachse, einen Seewolf, einen Seebären und eine Großmutter mit ihrer Enkelin. Laut den Schnitzern sei die Rechenschaftspflicht gegenüber Mutter Erde die wichtigste Botschaft dieses Totempfahls: „Wir schauen auf unsere Kinder und unser Herz schmerzt, denn wie können wir die Verwüstung dessen stoppen, was mit Mutter Erde passiert?“ sagte Jewell James. „Was werden wir unseren Kindern hinterlassen, wenn wir Staub sind? Welche Art von Leben werden sie haben?“ Des Weiteren führte er aus, „es gehe um das öffentliche Bewusstsein in Bezug auf Themen wie den Tagebau und den Schutz der Gewässer des pazifischen Nordwestens der Salish Sea und des heiligen Landes der amerikanischen Ureinwohner.„
Neben den Symbolen für Umwelt- und Klimaschutz thematisieren die menschlichen Figuren auf dem Totempfahl einen weiteren Kampf. „Viele Großmütter ziehen ihre Enkelin als ihre Tochter auf, weil die Mutter im Einsatz fehlt“, sagte Jewell James. „Entweder wurde sie von einem Ehemann missbraucht, hat zu ihrer eigenen Sicherheit die Familie verlassen oder sie ist verschwunden. Oder sie ist in Drogen verwickelt, sie wird vermisst oder wurde ermordet.„
Der sich auf dem Totempfahl befindende Mond ist eingerahmt von roten Handabdrücken. „Das steht für die ermordeten und vermissten indigenen Frauen“, sagte Jewell James. (Für alle Interessierten: hier findet ihr eine detaillierte Erläuterung über den „Sacred Sites Totem Pole 2021“ von Jewell James)
Dies war trotz des schlechten Wetters eine schöne und lehrreiche Veranstaltung. Wir sahen ein beeindruckendes Kunstwerk und lernten neue, imposante Vertreter der Lummi Nation kennen.
Ein leiser Aktivismus, der hoffentlich große Wellen schlagen wird.